📈 Das Kelly-Kriterium – Der mathematische Weg zur optimalen Positionsgröße

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Das Kelly-Kriterium

📌 Was ist das Kelly-Kriterium?

Das Kelly-Kriterium ist eine mathematische Formel zur Bestimmung der optimalen Einsatzgröße bei wiederholbaren Investitionen oder Wetten mit positivem Erwartungswert. Entwickelt wurde es in den 1950er-Jahren von John L. Kelly, ursprünglich im Kontext der Telekommunikation. Später fand es Anwendung im Glücksspiel durch Edward Thorp und wurde schließlich auch für die Finanzmärkte und das Portfoliomanagement adaptiert.

Ziel des Kelly-Kriteriums ist es, den langfristigen Kapitalzuwachs zu maximieren. Dies wird erreicht, indem der Anteil des verfügbaren Kapitals bestimmt wird, der in ein bestimmtes Szenario investiert werden sollte – und zwar so, dass das geometrische Mittel des Vermögens über viele Wiederholungen möglichst groß wird. Die Methode basiert auf dem Konzept der logarithmischen Nutzenfunktion, das in der ökonomischen Theorie als besonders rational gilt.

Die Grundannahmen lauten:

  • Man hat eine wiederholbare Chance mit bekanntem Erwartungswert.
  • Man möchte nicht das Risiko eines Totalverlusts eingehen.
  • Langfristiges Wachstum ist wichtiger als kurzfristiger Gewinn.

🧮 Die Kelly-Formel

Die klassische Formel für binäre Auszahlungsverhältnisse lautet:

f* = [ (p × R) − (1 − p) ] / R

wobei:

  • f* = optimaler Anteil des Kapitals, der eingesetzt werden soll
  • p = Gewinnwahrscheinlichkeit
  • R = Verhältnis von Gewinn zu Verlust (Chance-Risiko-Verhältnis)

📌 Rechenbeispiel

Angenommen, du hast ein System, das in 60 % der Fälle gewinnt (p = 0.6), und du verdoppelst deinen Einsatz bei jedem Gewinn (R = 1):

f* = [(0.6 × 1) − (1 − 0.6)] / 1 = (0.6 − 0.4) / 1 = 0.2

Ergebnis: Du solltest 20 % deines Kapitals auf jedes Setup setzen, um langfristig das maximale Wachstum zu erreichen.

Wenn dein System jedoch nur 52 % Trefferquote und ein Chance-Risiko-Verhältnis von 1 hat, lautet die Formel:

f* = [(0.52 × 1) − (1 − 0.52)] / 1 = 0.04

Das heißt, du solltest in diesem Fall nur 4 % deines Kapitals einsetzen. Je geringer dein Edge, desto konservativer die Allokation – das macht Kelly so anpassungsfähig.

🔁 Warum ist das Kelly-Kriterium besonders?

Das Kelly-Kriterium unterscheidet sich grundlegend von anderen Methoden zur Positionsgrößenbestimmung. Es ist nicht einfach ein konservativer Sicherheitsmechanismus wie etwa ein fester Prozentwert pro Trade, sondern ein mathematisch fundierter Ansatz, der darauf abzielt, das Kapitalwachstum langfristig zu maximieren – unter der Annahme, dass man über einen wiederholbaren Vorteil verfügt. Dabei geht es nicht um kurzfristige Gewinne, sondern um eine maximale, nachhaltige Steigerung des Vermögens durch exponentielles Wachstum.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Tatsache, dass Kelly sowohl die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs als auch das Risiko-Ertrags-Verhältnis berücksichtigt – und nicht nur einen dieser Aspekte isoliert. Das macht die Methode besonders präzise und theoretisch überragend.

In der Finanzwelt wird oft versucht, Risiken zu minimieren oder Gewinne zu maximieren – das Kelly-Kriterium ist einer der wenigen Ansätze, der diese beiden Ziele in einem ausgewogenen Verhältnis kombiniert. Dabei wendet es Prinzipien der logarithmischen Nutzenfunktion an, also jener Nutzenfunktion, die für rationale Investoren mit endlichem Kapital mathematisch optimal ist.

Doch trotz dieser theoretischen Eleganz ist Kelly nicht ohne Tücken. Es zeigt seine Stärke vor allem bei langfristiger Anwendung und funktioniert nur, wenn die Eingangsparameter – insbesondere die Erfolgswahrscheinlichkeit und der Vorteil (Edge) – realistisch eingeschätzt werden.

✅ Vorteile des Kelly-Kriteriums

Der größte Vorteil des Kelly-Kriteriums besteht in seiner Langfristorientierung. Es ist eine Methode, die nicht auf Glück oder einzelne Trades setzt, sondern auf die Kraft des Zinseszinses – mathematisch gesprochen: auf das geometrische Mittel der Kapitalentwicklung. Wer konsequent mit Kelly kalkuliert, erzielt langfristig das höchste zu erwartende Vermögenswachstum bei kontrollierbarem Risiko.

Darüber hinaus zwingt das Kelly-Kriterium jeden Trader oder Investor dazu, sich diszipliniert mit seinem System auseinanderzusetzen: Wie groß ist der tatsächliche Vorteil? Wie sieht die Verlustverteilung aus? Welche Volatilität muss ich aushalten? Wer sich diese Fragen nicht beantworten kann, kann Kelly gar nicht sinnvoll anwenden – was automatisch zu einem strukturierteren und professionelleren Umgang mit Risiken führt.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Skalierbarkeit: Kelly funktioniert bei einem Konto von 1.000 € genauso wie bei einem Hedgefonds mit Milliardenvolumen. Es kann auf Einzeltrades, Portfolios oder sogar ganze Geschäftsmodelle angewandt werden. In der Theorie ist es damit die universell einsetzbare Methode für rationale Risikosteuerung.

⚠️ Häufige Missverständnisse

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist die Vorstellung, dass das Kelly-Kriterium „zu aggressiv“ sei. Tatsächlich kann es bei vollem Einsatz zu hohen Drawdowns führen – das ist mathematisch einkalkuliert, aber psychologisch oft schwer auszuhalten. Deshalb wird in der Praxis meist nur mit einem Bruchteil des theoretischen Kelly-Werts gearbeitet („Half-Kelly“ oder „Quarter-Kelly“), um Volatilität und Risiko besser zu kontrollieren.

Ein zweiter Irrglaube besteht darin, dass man das Kelly-Kriterium nutzen kann, sobald man ein bisschen statistischen Vorteil vermutet. Doch Kelly funktioniert nur dann zuverlässig, wenn der Edge exakt bekannt oder stabil geschätzt ist. Bei zu optimistischen Annahmen kann die Strategie sogar gefährlich werden, da sie den Einsatz genau auf diesen Edge ausrichtet – und jeder Fehler überproportional bestraft wird.

Ein drittes Missverständnis betrifft den Einsatzbereich: Oft wird Kelly als Methode für Glücksspiele oder spekulative Wetten abgetan. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Das Kriterium wird heute von professionellen Fondsmanagern, Portfoliotheoretikern und algorithmischen Händlern genutzt – in vielen Fällen als Kernprinzip für Kapitalallokation.

💼 Anwendung im Trading und Portfoliomanagement

Das Kelly-Kriterium lässt sich sowohl für Einzeltrades als auch für komplexe Portfolios anwenden. In der Praxis bedeutet das, dass du auf Basis deiner Strategie und deiner Erwartungswerte berechnen kannst, wie groß dein Einsatz oder deine Positionsgröße idealerweise sein sollte. Der Vorteil dabei: Kelly passt sich automatisch der Qualität deiner Strategie an – je höher dein Vorteil, desto mehr kannst du riskieren; je geringer der Edge, desto kleiner wird die empfohlene Allokation.

Im Alltag eines Traders oder systematischen Investors ist das Ziel jedoch nicht nur mathematische Präzision, sondern auch psychologische Tragfähigkeit und praktische Umsetzbarkeit. Deshalb empfiehlt sich ein strukturierter Ansatz – entweder auf Einzeltrade-Basis oder auf Portfolioebene.

🧠 Schritt-für-Schritt für Einzeltrades
  • Trefferquote bestimmen: z. B. 60 %
  • Chance-Risiko-Verhältnis (CRV) ermitteln: z. B. 2:1
  • Kelly-Faktor berechnen:
    f* = [ ( p × R ) − (1 − p) ] / R
  • Positionsgröße berechnen:
    Positionsgröße = Kontogröße × f*

Optional: 0.5× oder 0.25× Kelly zur Begrenzung von Drawdowns

📊 Anwendung auf Portfolios

Im Portfolio-Kontext wird Kelly typischerweise mit Hilfe linearer Algebra berechnet. Ziel ist es, die Portfolio-Allokation so zu wählen, dass das geometrische Mittel der Gesamtrendite maximiert wird. Die klassische Lösung lautet:

w = Σ−1 ⋅ μ

– wobei:

  • w = Vektor der optimalen Allokationen
  • μ = erwartete Überschussrenditen der Assets
  • Σ = Kovarianzmatrix der Renditen

Diese Formulierung setzt jedoch voraus, dass sowohl die erwarteten Renditen als auch die Risikostruktur sehr präzise geschätzt werden können. In der Realität ist das schwierig – daher verwenden viele Profis vereinfachte oder robuste Schätzmethoden, etwa durch Resampling, Shrinkage oder konservative Annahmen.

🔄 Alternative Risikomanagement-Methoden im Vergleich

Das Kelly-Kriterium ist eine elegante Lösung, aber nicht die einzige Methode, um Risiko und Positionsgröße zu steuern. In der Praxis nutzen Trader und Investoren eine Vielzahl von Modellen – je nach Handelsstil, Volatilität der Märkte und persönlicher Risikotoleranz. Hier sind die wichtigsten Alternativen, ihre Vorzüge und Schwächen:

  • Fixed Fractional: Immer z. B. 1 % des Kapitals pro Trade. Einfach und konservativ, aber skaliert nicht mit verbessertem Edge.
  • Fixed Ratio: Positionsgröße steigt stufenweise mit Gewinnen (z. B. pro 1.000 € Gewinn 1 Kontrakt mehr). Komplex, aber wachstumsorientiert.
  • Volatilitätsbasiert (z. B. ATR): Risiko wird über Marktphasen konstant gehalten. Ruhige Märkte = größere Positionen.
  • Equal Risk Contribution: Jeder Portfoliobestandteil trägt gleich viel Risiko. Eher für Multi-Asset-Strategien.
  • Kelly-Kriterium: Maximiert langfristiges Wachstum bei bekanntem Vorteil, aber empfindlich gegenüber Fehlannahmen.

📚 Anwendungsbeispiele & historische Bezüge

Ein besonders bekanntes historisches Beispiel für die Anwendung des Kelly-Kriteriums ist Edward O. Thorp, der das Konzept in den 1960er Jahren nutzte, um seine Blackjack-Strategie an den Tischen von Las Vegas umzusetzen – mit nachweislich großem Erfolg. Später übertrug er dieselben Prinzipien auf die Finanzmärkte und verwaltete erfolgreich Hedgefonds-Kapital mit Hilfe mathematisch fundierter Strategien.

Auch Warren Buffett und sein Partner Charlie Munger haben in Interviews zugegeben, dass sie Kapitalallokation in ihren Investments zumindest sinngemäß nach Kelly-Prinzipien gewichten – also dort mehr investieren, wo die Chancen-Risiko-Relation am besten ist.

In der modernen Finanzwelt verwenden quantitative Fonds wie Renaissance Technologies oder AQR Capital modifizierte Kelly-Konzepte zur Portfolio-Optimierung, oft in Kombination mit anderen Risikomodellen wie Value at Risk (VaR), Volatilitätsanpassung oder machine-learning-basierten Prognosemodellen.

🧾 Fazit

Das Kelly-Kriterium ist ein leistungsfähiges Werkzeug für die Risikosteuerung und Kapitalallokation – sowohl im Trading als auch in der Portfolioverwaltung. Es liefert nicht nur einen klaren mathematischen Rahmen, sondern zwingt auch zu diszipliniertem Denken über Wahrscheinlichkeiten, Edge und Verlustwahrscheinlichkeit.

Wer sich mit den Grenzen des Modells vertraut macht, es konservativ anwendet (z. B. mit Half-Kelly) und seine Strategien sorgfältig testet, kann langfristig von dieser Methode profitieren. Das Kelly-Kriterium ist kein Allheilmittel, aber ein mächtiges Werkzeug im Arsenal des rationalen Investors.

🔢 Interaktiver Kelly-Rechner

Gib deine Parameter ein, um deine optimale Kapitalquote gemäß dem Kelly-Kriterium zu berechnen:




Kelly-Empfehlung:

💡 Hinweis: Ein positiver Kelly-Wert zeigt einen statistischen Vorteil. Setze jedoch nie mehr als nötig – verwende idealerweise nur 50 % des empfohlenen Einsatzes zur Risikokontrolle.

⚠️ Risiko des Kapitalverlusts und Drawdowns unter Kelly

Auch wenn das Kelly-Kriterium mathematisch langfristig das Kapitalwachstum maximiert, ist es in der Praxis mit hohen Schwankungen verbunden. Wer z. B. bei einer Trefferquote von 60 % und einem Chance-Risiko-Verhältnis von 1:1 den vollen Kelly-Wert von 10 % pro Trade riskiert, kann bereits bei fünf Verlusten in Folge einen Drawdown von über 40 % erleben. Solche Phasen sind statistisch nicht unwahrscheinlich – und psychologisch oft schwer zu ertragen.

Daher gilt in der Praxis: Nie den vollen Kelly-Wert riskieren. Stattdessen haben sich folgende konservative Varianten bewährt:

  • Half-Kelly (0,5 × f*): Reduziert die Volatilität deutlich bei nur leicht geringerem Wachstum.
  • Quarter-Kelly (0,25 × f*): Ideal für sehr risikoaverse Anleger oder instabile Edges.

Diese Bruchteile helfen, das „Risk of Ruin“ nahezu zu eliminieren und ermöglichen einen ruhigeren Kapitalkurve-Verlauf – auch bei temporären Verlustserien.

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